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Schützen & Erhalten · März 2004 · Seite 16
Es ist ein weiterer, flankie-
render Aufwand erforderlich, um
die Probleme der sogenannten Ne-
gativabdichtung zu handhaben,
sie erfolgreich herzustellen. Dazu
können zum Beispiel gehören:
– Die Anordnung einer horizon-
talen Abdichtung unter der
Decke, um eine Durchfeuch-
tung der darüber liegenden
Bereiche zu vermeiden
– die Trennung der Innenwän-
de von den Außenwänden, um
die Abdichtung wannenartig
ausbilden zu können, um so
die Durchfeuchtung dieser
Bauteile zu vermeiden
– die Verwendung von speziel-
len, oft mehrlagigen Putzsy-
stemen, um die Schadsalz-
und Tauwasserproblematik zu
beherrschen.
Doch damit nicht genug. Die
nachträgliche Innenabdichtung
erdberührter Bauteile endet nicht
mit dem Verputzen der Fläche.
Auch bei sach- und fachgerech-
ter Ausführung wird sie erst dann
dauerhaft erfolgreich bleiben,
wenn auch die weiteren Vorgaben
der Dekoration und Möblierung,
die besondere bauphysikalische
Situation der nachträglichen In-
nenabdichtung berücksichtigen.
Zwar leuchtet ein, dass die
von innen abgedichtete Wand
nicht mit Bohrungen versehen
werden darf, da sonst die Abdich-
tung zerstört wird. Es sei denn,
die Dübel werden speziell einge-
dichtet. Ebenso zu berücksich-
tigen ist, dass alle Anstriche und
Tapeten die Wasserdampf-
durchlässigkeit des Systems
nicht negativ beeinflussen dür-
fen. Aber genau dies kann be-
reits mit knirschanliegenden Sok-
kelleisten, Bildern, Regalen oder
eng an der Außenwand stehen-
den Möbelstücken geschehen.
Hierzu ist festzustellen, dass diese
Zusammenhänge kaum und auch
nicht deutlich publiziert werden
und in den Überlegungen der Pla-
nenden überhaupt nicht vorkom-
men.
Jetzt leuchtet ein, dass der-
artige, nachträgliche Innenab-
dichtungen eine langjährige
Erfahrung mit einem überdurch-
schnittlichen und belegbaren
DIE FACHBEREICHE
Bautenschutz
Kenntnisstand erfordern. Der
übliche Baubetrieb ist für die
erforderlichen
Maßnahmen entweder gar
nicht oder nur unzureichend qua-
lifiziert und ausgerüstet. So ist
erklärbar, warum laut Bausch-
adensbericht, herausgegeben vom
Bundesministerium für Raumord-
nung, Bauwesen und Städtebau,
80% aller Sanierungsmaßnahmen
in diesem Bereich fehlschlagen.
Eine Abdichtung muss gründlich
geplant werden. Dabei werden be-
reits die meisten Fehler gemacht.
Angefangen von einer nicht aus-
reichenden oder falschen Analyse
der Schadensursache, zieht sich
der Fehler hin
bis zur Aus-
wahl völlig
ungeeigneter
Sanierungs-
maßnahmen.
Wenn alle
Überlegungen
und Parameter
der Vorunter-
suchungen in
die Analyse
eingeflossen
und ausgewer-
tet sind, müs-
sen die daraus
gewonnenen Erkenntnisse auch
den wirtschaftlichen Rahmenbe-
dingungen entsprechen. Sehr
häufig verschiebt sich dann die
Waage wieder zu Gunsten einer
Außenabdichtung. Und zwar be-
fasst man sich dann mit einem
Verfahren, dass bereits seit ei-
nigen Jahrzehnten in Fachkrei-
sen bei der Abdichtung von Stau-
dämmen und Tunneln bekannt,
aber im Bereich der Immobilien-
wirtschaft nahezu unbekannt ist.
Die Rede ist von der Schleierin-
jektion, auch Vergelung genannt.
Bei diesem Verfahren wird die
abzudichtende Wand mit einem
versetzt angeordneten Raster von
Bohrkanälen, die das Bauteil
vollständig durchstoßen, verse-
hen. Hierauf werden Einfüllstut-
zen (Packer) von innen
so montiert, dass die Aus-
trittsöffnungen mindestens im
Bereich der außenliegenden
Wandoberfläche liegen. Mit Hil-
fe einer 2-Komponenten-Injek-
tionspumpe wird der Injektions-
stoff mit abgestimmtem Injek-
tionsdruck im Niederdruckverfah-
ren durch das Mauerwerk und
hinter das zu schützende Bau-
werk injiziert. Hierdurch entsteht
zwischen Mauerwerk und Erdreich
flächig ein funktionsfähiger Dich-
tungsschleier, der dieser Metho-
de den Namen gab. Hierbei nutzt
die neue Abdichtungsebene den
umgebenden Baugrund als Stütz-
gerüst.
Aus der schematischen Dar-
stellung der rückwärtigen Mau-
erwerksvergelung lässt sich
unschwer erkennen, dass damit
bei größeren Mauerwerksquer-
schnitten ein
günstiger
Nebeneffekt
erzielt werden
kann. Bevor
das Gel den
abdichtenden
Schleier auf
der erdberühr-
ten Seite des
Mauerwerks
ausbreitet,
dringt es durch
Fugen, Risse
und Hohlräu-
me. Dort ver-
teilt es sich, um diese Bereiche
zusätzlich abzudichten. Ein Ver-
gleich mit der Flächenabdichtung
im Bauteil drängt sich auf, die
in vergleichbarer Methode aus-
geführt wird. Allerdings mit der
Einschränkung, dass dieses Ergeb-
nis lediglich eine partielle Ab-
dichtung sein kann, da ein Ab-
dichtungserfolg im Bauteil nicht
geplant ist. Er ist unvermeidbar.
Auf das Bauteil bezogen, wird so
keine durchgängige Abdichtung
erzielt. Sie ist perforiert. Nach
Abschluss des Injektionsvorgan-
ges werden die Einfüllstutzen
entfernt, und verbleibende Öff-
nungen möglichst mit einem
schwindarmen und quellfähigen
Mörtel verschlossen. Dieses in-
novative Abdichtungssystem ist
nicht nur bei Wänden, sondern
auch z.B. bei Bodenplatten,
Dehnfugen, gerissenen Bauteilen
und Arbeitsfugen erfolgreich ein-
zusetzen. Und das unabhängig
von der Wasserbelastung.
Allein durch diese Aufzählung
wird offenkundig, wie vielseitig
die Vergelungstechnologie ange-
wandt werden kann und welche
Vorteile gegenüber einer konven-
tionell aufzubringenden Abdich-
tung bestehen. Dessen ungeach-
tet ist es jedoch in allen Fällen
erforderlich, dass eine
Vergelungsmaßnahme, wie
auch sonstige Abdichtungsmaß-
nahmen, geplant wird. Wichtig
zu wissen ist, dass durch die Viel-
zahl der bei diesem Verfahren
maßgebenden Einflussfaktoren
hohe Anforderungen an die aus-
führenden Firmen gestellt wer-
den.
Die nachträgliche Vertikalab-
dichtung ist ein wesentlicher Teil
der Altbaumodernisierung, um
feuchtegeschädigte Bauteile wie-
der in einen funktionalen Zustand
zu versetzen. Damit der Abschluss
einer solchen Maßnahme nicht der
Anfang einer neuen Sanierung ist,
versteht es sich von selbst, dass
nur Planer und Firmen einzuschal-
ten sind, die sich nachweislich
mit der heiklen Materie der In-
standsetzung von feuchte- und
salzgeschädigten Bauteilen aus-
kennen und dieses auch belegen
können. Diese können souverän
und überzeugend die Frage klä-
ren, ob die nachträgliche Abdich-
tung von außen oder von innen
erfolgen soll. Zum Vorteil ist, wer
bereits die Qualifikationskurse des
Deutschen Holz- und Bauten-
schutzverbandes genutzt hat und
z.B. das Zertifikat des Sachkun-
denachweises im Bautenschutz
oder den Injektionsschein mit
TÜV-Prüfung vorlegen kann. Da-
mit wird dem Bauherrn eine deut-
liche Entscheidungshilfe geboten.
Gerade im Zuge der Harmonisie-
rung des Handwerks sind zusätz-
liche Befähigungsnachweise un-
verzichtbar. Diese werden von den
Bauherren immer mehr gefordert.
Dieter Pietsch
ö.b.u.v. Sachverständiger für das
Holz- und Bautenschutzgewerbe
Heisterweg 12
22869 Schenefeld
Telefon: (0 40) 8 30 67 68
Fax: (0 40) 8 39 17 40
e-mail:
Systemzeichnung: TPH Hamburg
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