Schützen & Erhalten - page 20

Schützen & Erhalten · März 2004 · Seite 20
Sachver
Beschwerden über Gutachten bei Gerichtsaufträgen als
auch über solche bei Privataufträgen
Der ZDH-Arbeitskreis
„Sachverständigenwesen“
hat den unter Berücksich-
tigung neuer rechtlicher
Entwicklungen und der
Rechtsprechung eine über-
arbeitete und aktualisier-
te Empfehlung zur Behand-
lung von Beschwerden über
Sachverständige zur Verfü-
gung gestellt.
Im Anschreiben zu der Empfeh-
lung werden die Handwerkskam-
mern aus Gründen einer einheit-
lichen Rechtspraxis gebeten,
Beschwerden gegen Sachverstän-
dige auf der Basis der nachfol-
gend wiedergegebenen neuen
Empfehlung zu behandeln.
1. Beschwerden
über Gutachten bei
Gerichtsauftrag
Bei Beschwerden über man-
gelhafte Gutachten, die im Rah-
men noch anhängiger Gerichts-
verfahren erstattet werden, sollte
die Kammer vor Eintritt der
Rechtskraft nicht tätig werden.
Ansonsten läge ein Eingriff in ein
schwebendes Verfahren vor, der
nach unserem Rechtsverständnis
nicht zulässig ist. Der Beschwer-
deführer erhält eine entsprechend
begründete Antwort.
Nach Eintritt der Rechtskraft
kann die Kammer jedoch tätig
werden. Dabei sind drei Fallge-
staltungen zu unterscheiden:
a) Ist das Gericht dem Gutach-
ten des Sachverständigen ge-
folgt und war damit von der
Richtigkeit der Ausführungen
des Sachverständigen über-
zeugt, sollte die Kammer die-
se Entscheidung übernehmen.
Eine nochmalige eigene Über-
prüfung ist nicht mehr erfor-
derlich; die Kammer ist kei-
ne Wiederaufnahmeinstanz.
Bei dennoch offensichtlichem
Fehlverhalten des Sachver-
ständigen wird die Kammer
nicht umhin kommen, diesem
gegenüber tätig zu werden (s.
u. 1 c).
b) Gelangt das Gericht dagegen
nach entsprechender Ausein-
andersetzung mit dem Gut-
achten zu dem Schluss, dass
das Gutachten unrichtig ist
oder kann es das Gutachten
nicht verwerten, weil der
Sachverständige grob fahrläs-
sig einen Befangenheitsgrund
gesetzt hat, sind die erfor-
derlichen Schritte gegen den
Sachverständigen einzuleiten
(z.B. Belehrung, Abmahnung,
Widerruf der Bestellung gem.
§ 49 VwVfG i.Vm. § 23 MSVO).
Der Beschwerdeführer erhält
in diesem Fall eine Mitteilung,
dass die Kammer die gebo-
tenen Maßnahmen ergriffen
hat. Über Einzelheiten darf
der Beschwerdeführer nicht
unterrichtet werden. Der Be-
schwerdeführer erhält auch
nicht etwa ein Aktenein-
sichtsrecht, da er nicht Ver-
fahrensbeteiligter ist (§§ 29,
13 VwVfG). Ggf. sind landes-
rechtliche Sondervorschriften
zur Akteneinsicht zu berück-
sichtigen.
c) Spielte das Gutachten in dem
rechtskräftig abgeschlossenen
Verfahren überhaupt keine
Rolle oder haben sich die
Parteien (auch) aufgrund des
Gutachtens verglichen, muss
die Kammer beachten, dass
sie keine Wiederaufnahmein-
stanz ist:
Schließen die Parteien nach
Erstattung des Sachverstän-
digengutachtens und damit
auch auf der Grundlage die-
ses Gutachtens einen Ver-
gleich, dann haben sie auf
eine weitere Auseinanderset-
zung mit dem Inhalt des Gut-
achtens verzichtet. Würde die
Kammer dennoch eine Über-
prüfung des Gutachtens – z.B.
durch eine erneute Begut-
achtung – veranlassen, so wür-
de sie sich als Wiederaufnah-
meinstanz aufspielen. Deshalb
kann die Kammer in einem
solchen Fall die Tätigkeit des
Sachverständigen nur in
eingeschränktem Maß über-
prüfen, d.h., sie hat trotz
rechtskräftigen Verfahrensab-
schlusses gegen den Sachver-
ständigen einzuschreiten,
wenn er offenkundig Fehler
begangen hat (beispielsweise
das Unterlassen der Einladung
beider Parteien Ortstermin
oder erkennbar falsche Aus-
führungen und Wertungen).
Das gilt ebenso bei der Fall-
gestaltung a). Vor offensicht-
lichen Fehlern darf man in
keinem Fall die Augen ver-
schließen.
Bezüglich des Verfahrens ist
in allen Fällen zu beachten,
dass dem Sachverständigen
zuvor Gelegenheit zur Stel-
lungnahme eingeräumt wer-
den muss. Zur Überprüfung
des Sachverhaltes empfiehlt
es sich, ggf. den Vergleichs-
text, das Urteil bzw. die Pro-
zessakte anzufordern oder
Rücksprache mit dem Gericht
zu nehmen.
2. Beschwerden
über Gutachten
bei Privatauftrag
Richtet sich die Beschwerde
gegen ein Privatgutachten, ist das
privatrechtliche Vertragsverhältnis
des Auftraggebers mit dem Sach-
verständigen maßgebend.
Folgende Fallkonstellationen
kommen in Betracht:
a) Ist das Gutachten in Inhalt
und Ergebnis richtig, hat der
Sachverständige aber bei der
Erstellung oder nachher ge-
gen seine Pflichten versto-
ßen (z.B. Ortsbesichtigung bei
Schiedsgutachten unter La-
dung nur einer Partei, über-
höhtes Honorar, Verletzung
der Schweigepflicht), muss die
Kammer tätig werden. Die
Mitteilung an den Beschwer-
deführer erfolgt wie unter 1
b) dargelegt.
b) Weist das Gutachten offen-
sichtliche Mängel auf, die
auch dem Sachbearbeiter der
Kammer erkennbar sind (z.B.
Ausführungen liegen neben
der Sache, Unverständlichkeit
– u.a.) muss der Sachverstän-
dige darauf hingewiesen und
zur Nachbesserung aufgefor-
dert werden. Hierüber und
über das Ergebnis der Bemü-
hungen der Kammer ist der
Beschwerdeführer zu infor-
mieren. Ggf. ist der Beschwer-
deführer auf den Rechtsweg
zu verweisen. In diesem Fall
ist – intern – zu prüfen, wel-
che Maßnahmen gegenüber
dem Sachverständigen zu er-
greifen sind.
c) Bei vom Beschwerdeführer
behaupteten inhaltlichen
Mängeln, die der Sachbear-
beiter der Kammer mangels
eigener Sachkunde nicht er-
kennen oder nicht beurteilen
kann, sollte der Beschwerde-
führer auf den Rechtsweg
verwiesen werden, wenn der
Sachverständige in seiner
hierzu eingeholten Stellung-
nahme bei seinen Ausführun-
gen im Gutachten bleibt. Erst
wenn sich entsprechende Be-
schwerden wiederholen, die
Sachkunde des Sachverstän-
digen also ernsthaft in Fra-
ge gestellt wird, sollte die
Kammer die beanstandeten
Gutachten einem Fachgremi-
um des Fachverbandes oder
einem anderen Sachverstän-
digen zur Überprüfung vor-
legen. Der Beschwerdeführer
erhält dann aber nur eine
allgemein gehaltene Mittei-
lung, dass die Kammer der
Sache nachgegangen ist und
die notwendigen Maßnahmen
ergreifen wird. Keinesfalls
sollte der Beschwerdeführer
konkrete Angaben erhalten,
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
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