Schützen & Erhalten - page 28

Im Zuge der Generalreno-
vierung des ältesten Hau-
ses in Bad Soden am Tau-
nus fiel auf, dass etliche
Eichenbalken aus dem
16. Jahrhundert vom
gescheckten Nagekäfer
(Xestobium rufovillosum)
befallen waren. Die Wahl
des Verfahrens zur Be-
kämpfungsmaßnahme fiel
auf ein modernes und ef-
fizientes Verfahren: Mi-
krowellen.
Das Gebäude war gerade fertig
gestellt. Im Frühjahr zeigten
sich frische Fraßmehlausriese-
lungen an der Fassade. Zwar
wurde in einem Gutachten fest-
gestellt, dass es lebenden Be-
fall gibt und dass geraten ist,
das Holz auszutauschen, jedoch
bestand die Denkmalpflege dar-
auf, diese Hölzer beizubehal-
ten.
Mit dem chemischen Verfah-
ren wurde ein Teil der Hölzer
Bohrloch imprägniert. Da aber
bei der Sanierung nicht alle
Fraßgänge mit der Bohrlochim-
prägnierung erreicht wurden,
konnten punktuell einige Insek-
tenlarven überleben. Der Eigen-
tümer entschied sich auf An-
raten des Sachverständigen auf
die Anwendung dieses Verfah-
rens, da die komplette Wand-
konstruktion erhalten werden
konnte.
Bei allen konventionellen
Heizmethoden, ob Sonnenstrah-
len, Öl- oder Gasbrenner, Heiß-
luft oder Heizstäbe kann die
Wärmeübertragung nur über die
Oberfläche der zu behandeln-
den Objekte erfolgen. Mikrowel-
len jedoch verfügen wie Radio-
oder Funkwellen über die Eigen-
schaft, dass sie in praktisch alle
Baustoffe eindringen. Dabei
werden die Wassermoleküle
im Inneren des Baustoffs in
Schwingungen versetzt und so
die Hochfrequenzenergie durch
Reibung der Moleküle vollstän-
dig in Wärme umgesetzt. Und
da die Schädlinge selbst am
meisten Wasser enthalten, wer-
den diese auch vorrangig er-
hitzt. Durch die Wärme gerinnt
das Eiweiß (schon ab 46°C) und
die Schädlinge sterben ab. Zur
Sicherheit werden jedoch auch
die Vorgaben der DIN 68800
erfüllt, d.h. 55°C mindestens
1 Stunde lang gehalten. In der
Summe also ein effizientes und
wirtschaftliches Verfahren ohne
Chemie, Gas, Abgase oder son-
stige gesundheitliche Beein-
trächtigungen.
Mit einer optimierten
Schlitzantenne (Gebrauchsmu-
ster geschützt) können örtliche
Überhitzungen vermieden wer-
den, da der Generator die Mi-
krowellen schon über den Hohl-
leiter gleichmäßig verteilt.
Im Detail wurden in diesem
Objekt die Mikrowellengeräte (1)
außen montiert, weil die Bal-
ken von innen bereits verputzt
(2) waren. Um die Wärmever-
luste zu minimieren wurden die
zu behandelnden Bereiche so-
wohl innen als auch außen mit
Hartschaumplatten (3) isoliert.
Die auf den Innenseite ange-
brachte Abschirm- und Refle-
xionsfolie (4) übernimmt eine
doppelte Aufgabe: Sie reflektiert
zum einen die noch nicht ab-
sorbierten Mikrowellen wieder
zurück und erhöht so den Wir-
kungsgrad, zum anderen ver-
hindert sie, dass austretende
Wellen den von der Berufsge-
nossenschaft für normale Wohn-
und Kommunikationsbereiche
geforderten Grenzwert von
1 mW/cm² überschritten wird
(der z.B. von den meisten Han-
dies nicht eingehalten wird!).
Verfahrensbedingt ist die
Temperatur im Balkeninneren
grundsätzlich höher als an der
Oberfläche. Zum anderen nimmt
die Mikrowellenleistung mit der
Entfernung quadratisch ab, so
dass der kritischste und reprä-
sentative Messpunkt (5) auf der
Innenseite der Balken zu mes-
sen war. Hier wurden 60°C rea-
lisiert. Damit konnte die DIN
68800 sicher nachgewiesen
werden, weil aufgrund der Wär-
meisolierung die Auskühlung der
Balken weniger als 5°C pro
Stunde beträgt.
Obwohl erhebliche thermi-
sche Spannungen unvermeidbar
sind, konnten befürchtete Ris-
se oder Farbveränderungen am
bereits aufgetragenen neuen
Außenanstrich nicht festgestellt
werden. Auch am Innenputz der
INDUSTRIE UND HANDEL
Ökonomische und ökologische Schädlings-
bekämpfung mit Mikrowellen
Balken waren wider Erwarten
keine Risse nachvollziehbar.
Die sichere Langzeitwirkung
wurde bereits im Jahre 2000 im
Museumsdorf Detmold in Zusam-
menarbeit mit der Bundesfor-
schungsanstalt für Forst- und
Holzwirtschaft in Hamburg
nachgewiesen, denn seit der
Mikrowellenbehandlung ist auch
dort kein Befall mehr feststell-
bar.
Ob alles abgetötet ist, oder
auf Grund der sehr langen Po-
pulationszeit noch nichts wie-
der ausgeflogen ist, wird noch
einige Jahre nicht sicher beant-
wortet werden können – oder
meiden die Käfer(innen) die
Wiederkehr, wenn sie tote „Ka-
meraden“ im Bereich ihrer vor-
gesehenen Ei-Ablage antreffen?
Doch ob Mikrowellen auch
gleichzeitig vorbeugen oder
nicht, alles in Allem ein opti-
males Verfahren zur kostengün-
stigen Schädlingsbekämpfung
für teilbefallene Bereiche.
Mit der verfügbaren und
anpassungsfähigen Modul- und
Antriebstechnik kann sowohl die
Montage als auch die Qualitäts-
überwachung individuell auto-
matisiert werden.
Autoren: Fritz Kohler,
Telefon (0 60 33) 7 10 21 und
Joachim Wießner,
Tel. (0 44 72) 9 48 40
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32,33,34,35,36
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