Schützen & Erhalten - page 18

Schützen & Erhalten · Dezember 2004 · Seite 18
bezogen, zu überprüfen. Dazu
wird regelmäßig das entspre-
chende Fachgremium einzu-
schalten sein. Die Prüfung der
besonderen Sachkunde ergibt
sich aus der Sachverständigen-
ordnung i.V.m. § 36 GewO, die
der Einschaltung des Fachgre-
miums aus dem Qualitätsstan-
dard Sachverständigenbestellung
(Re 9).
Konkretes Beispiel ist die
Erweiterung des Bestellungste-
nors „Bewertung von Arzt- und
Zahnarztpraxen“ auf „Bewertung
von Unternehmen und Praxen
im Gesundheitswesen, Betriebs-
analysen und Betriebsunterbre-
chungsschäden“. Die Industrie-
und Handelskammern bestellen
seit einigen Jahren Sachverstän-
dige für das erstgenannte Sach-
gebiet. Die fachliche Überprü-
fung dieser Sachverständigen
erfolgt bei der IHK Köln und
durch ein ad-hoc-Fachgremium
bei der IHK München. Sie ori-
entiert sich inhaltlich an den
Anforderungen für die Bewer-
tung durchschnittlicher Freibe-
ruflerpraxen. Bereits seit län-
gerem ist bei einer Industrie-
und Handelskammer ein Sach-
verständiger in diesem Bereich
mit dem erweiterten Tenor „Be-
wertung von Unternehmen und
Praxen im Gesundheitswesen,
Betriebsanalysen und Betriebs-
unterbrechungsschäden“ öffent-
lich bestellt und vereidigt. Nun
ist in einem weiteren Fall ein
Sachverständiger, der ursprüng-
lich für den Bereich „Bewertung
von Arzt- und Zahnarztpraxen“
bestellt war, mit diesem erwei-
terten Tenor öffentlich bestellt
worden. Beide Herren sind be-
reits so lange in den Bereichen
tätig, dass eine Überprüfung
durch ein Fachgremium nicht
erfolgt ist. Bei dem zweiten
Sachverständigen auch nicht
anlässlich der Tenorerweiterung.
Der Antrag wurde vielmehr aus-
schließlich dem Sachverständi-
genausschuss der betreffenden
IHK vorgelegt.
Der Antrag auf Tenorerwei-
terung des zweiten Sachverstän-
digen wurde damit begründet,
dass sich immer mehr Ärzte zu
größeren Unternehmenseinhei-
ten zusammenschließen und
dass es mit der Bewertung von
Freiberuflerpraxen nicht mehr
getan sei. Auch die Neuordnung
im Gesundheitswesen stelle in
dieser Hinsicht erweiterte An-
forderungen. Im Grundsatz ist
gegen diese Argumentation
nichts einzuwenden. Ein Pro-
blem ergibt sich allerdings dann,
wenn Sachverständige, die bis-
lang ausschließlich im Bereich
„Bewertung von Arzt- und Zahn-
arztpraxen“ überprüft wurden,
diesen sehr viel weitergehen-
den Bestellungstenor ohne
Überprüfung erhalten. Hier stellt
sich die Frage, ob die damit
verbundenen weitergehenden
Kenntnisse auch tatsächlich
vorhanden sind. Schließlich
umfasst der Tenor „Bewertung
von Praxen und Unternehmen
im Gesundheitswesen ein-
schließlich deren Betriebsana-
lysen und Betriebsunterbre-
chungsschäden“ sehr weitge-
hende Kenntnisse im Bereich der
Unternehmensbewertung. Unter-
nehmen im Gesundheitswesen
können auch vollständige Kli-
niken oder Sanatorien sein. Für
den Bereich „Betriebsunterbre-
chungsschäden“ sind weitge-
hende versicherungsrechtliche
Kenntnisse notwendig, die bis-
her vom Fachgremium „Bewer-
tung von Arzt- und Zahnarzt-
praxen“ in dieser Tiefe eben-
falls nicht überprüft werden.
Daher weisen wir ausdrück-
lich darauf hin, dass eine sol-
che Tenorerweiterung in keinem
Fall ohne eingehende fachliche
Überprüfung erfolgen darf, wozu
regelmäßig dass einschlägige
Fachgremium in Anspruch zu
nehmen ist. Im konkreten Fall
würde auch die bisherige Be-
setzung des Fachgremiums „Be-
wertung von Arzt- und Zahn-
arztpraxen“ in Köln keineswegs
ausreichen. Vielmehr müssten
Spezialisten aus dem Bereich
Betriebsunterbrechungsschäden
und Unternehmensbewertung
hinzugezogen werden. Eine Te-
norerweiterung ohne entspre-
chende fachliche Überprüfung
steht im Widerspruch zur Sach-
verständigenordnung und den
Qualitätsstandards und sollte
daher zukünftig unterbleiben.
Eine fehlende fachliche Über-
prüfung in der Vergangenheit
kann durchaus anlässlich der
nächsten Verlängerung in an-
gemessener Form nachgeholt
werden.“
Werbung mit der
Bezeichnung „zuge-
lassen bei allen Ge-
richten“ ist unlauter
Werbung von ö.b.u.v. Sach-
verständigen ist ein Thema,
welches immer wieder zu Irrita-
tionen führt, da häufig
die recht engen Grenzen der
Werbemöglichkeiten überschrit-
ten werden und es dann im
schlimmsten Fall zu gerichtli-
chen Entscheidungen kommt.
Nachfolgend eine solche Ge-
richtsentscheidung zu Sachge-
bieten die wir doch alle ken-
nen. Wiedergegeben ist nur die
zusammenfassende Darstellung
aus den IfS-Informationen 5/
2004. Der gesamte Wortlaut des
Urteils hierzu ist in den IfS-
Informationen 5/2004 abge-
druckt.
Für die Werbung von Sach-
verständigen gibt es keine be-
sondere gesetzliche Regelung.
Lediglich für öffentlich bestellte
Sachverständige haben die Kam-
mern in ihren Sachverständigen-
ordnungen bestimmt, dass ihre
Werbung „der besonderen Stel-
lung und Verantwortung gerecht
werden muss“ (§ 18 SVO). Das
bedeutet, dass sachliche Infor-
mationswerbung erlaubt ist, ir-
reführende und sittenwidrige
Werbung dagegen als unlauter
untersagt werden kann. Rechts-
grundlage für solche Untersa-
gung ist das „Gesetz gegen den
Unlauteren Wettbewerb“ (UWG).
Das Landgericht Frankfurt
hat mit Urteil vom 30. 1. 2004
(Az.: 3/12 O 88/03) entschie-
den, dass ein Sachverständiger
nicht mit der Bezeichnung „zu-
gelassen als Sachverständiger
bei allen Amts-, Landes- und
Oberlandesgerichten“ werben
darf. Die so angesprochenen
Verkehrskreise würden ge-
täuscht, weil es eine solche
„gerichtliche Zulassung“ in Wirk-
lichkeit nicht gebe. Der Hinweis
auf eine derart nicht bestehende
Zulassung sei geeignet, den
unzutreffenden Eindruck zu er-
wecken, der Sachverständige
verfüge über eine besondere
Qualifikation und amtliche Au-
torität.
Im selben Urteil hält das
Gericht jedoch die Werbeaussage
„von 1974–1992 von der Han-
delskammer Frankfurt als Sach-
verständiger für Abdichtung,
Isolierungen Schwamm- und
Wasserschäden öffentlich be-
stellt und vereidigt“ für unbe-
denklich. Mit dieser – wahrheits-
gemäßen – Aussage erwecke der
Sachverständige nicht den Ein-
druck, weiterhin öffentlich be-
stellter und vereidigter Sachver-
ständiger zu sein. Eine solche
zutreffende Angabe sei als sol-
che nicht irreführend.
Diese Begründung überzeugt
nicht, weil der Sachverständi-
ge damit eine Qualifikation
behauptet, die er früher einmal
hatte, die ihm heute aber nicht
mehr attestiert wird. Es gibt
gegenteilige Gerichtsurteile, die
den Sachverständigen die Be-
zugnahme auf eine frühere
öffentliche Bestellung wegen
Irreführung untersagen.
Im hohen Norden
kommt das neue JVEG
nicht zum Zuge
Nun ist endlich das alte
ZSVEG vom Tisch und wir ha-
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
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