Schützen & Erhalten - page 28

Schützen & Erhalten · Dezember 2004 · Seite 28
AUS DER PRAXIS
Wildwest oder Bauzustandsanalyse?
Aus Schaden wird man klug
Keine Sanierung ohne
Bauzustandsanalyse. So
sollte es sein. Leider sieht
die tägliche Praxis häufig
anders aus. Die Bauzu-
standsanalyse klärt den
Sachverhalt, dem bei der
Bewertung von Gebäuden
sowie bei der Planung und
Anwendung von Sanie-
rungsverfahren Rechnung
getragen werden muss. Sie
stellt die Grundlage einer
fach- und sachgerechten,
objektspezifischen Sanie-
rungsplanung dar. Letzt-
lich entscheidet die Bau-
zustandsanalyse über Er-
folg und Misserfolg. Ein
Praxisbeispiel verdeut-
licht dies.
Der wilde, wilde Westen fängt
gleich hinter Hamburg an. In
einem Studio in Maschen, gleich
bei der Autobahn. Maschen, ein
Ortsteil der Gemeinde Seevetal,
im Übergang zwischen Lünebur-
ger Heide und Elbmarsch, ist mit
dem Song der Hamburger Coun-
try-Truppe „Truck-Stop“ einem
interessierten Publikum bekannt
geworden. Das Studio gibt es
wirklich. Nicht weit von dort,
in der Straße „Vor der Auto-
bahn“, hat sich ein Lehrbeispiel
einer missglückten Sanierung
ereignet.
Genauer, die Rede ist von
einem Ölschaden. Schon der
Gedanke daran, treibt vielen
Hausbesitzern die Schweißper-
len auf die Stirn. So auch hier.
Der Öltank des Einfamilienhau-
ses war Leck geschlagen. Da-
mit nicht genug. Wie so oft,
kommt ein Unglück selten al-
lein. Die Auffangwanne, die
größeren Schaden verhindern
sollte, war funktionslos. So kam,
was kommen musste. Das aus-
laufende Öl penetrierte langsam
aber stetig in die Umfassungs-
wände des Tankraumes.
Die aus der Nachbarschaft
herbeigerufene Baufirma wusste
schnellen Rat. Der Öltank wurde
ausgebaut und die verseuch-
ten Putzflächen erneuert. Fer-
tig. Das war zu kurz gedacht.
Die Arbeiten waren kaum ab-
geschlossen, da war auch der
neue Putz vom Öl durchtränkt
und der alte Zustand wieder
hergestellt. Erst jetzt dämmerte
es. Bekanntlich wird der eine
oder andere erst durch Scha-
den klug. Der Schnellschuss
aus der Hüfte hatte nicht ins
Ziel getroffen.
Um den genauen Umfang
des Schadens zu erkennen, ist
eine Bauzustandsanalyse uner-
lässlich. Sie wird natürlich vor
Beginn der Sanierungsmaßnah-
me erstellt und nicht nachträg-
lich. Schließlich macht es kei-
nen Sinn, sich in einen Zug zu
setzen, wenn der Zielbahnhof
unbekannt ist. Die Bauzustands-
analyse umfasst verschiedene
Bewertungselemente. Objekt-
spezifische Kenndaten müssen
in die Sanierungsplanung mit
einbezogen werden, z.B.
– Mauerdicke
– Mauerwerksaufbau
– Statische Situation
– Bodenverhältnisse
– Feuchtigkeit am anstehen-
den Erdreich
Über Bohrkernentnahmen (Bild
1) und Schürfgruben können
diese Fragen beantwortet wer-
den. Daraus lässt sich dann ein
durchgängig schlüssiges Sanie-
rungskonzept mit dem Anspruch
der höchstmöglichen Sicherheit
entwickeln. Bei dem jetzt pro-
fessionellen Vorgehen wurde der
Grad der Ölverseuchung konkret
eingegrenzt. Ein Glück, noch war
der anstehende Boden nicht
belastet. Eile war allerdings
geboten. Über eine Schürfgru-
be wurden die Bodenverhältnis-
se erkundet. Das Haus ist auf
Sand gebaut. Es ist fein riesel-
fähiger Sand, wie er die Zuver-
lässigkeit einer jeden Sanduhr
auszeichnet. An Erdarbeiten war
aus wirtschaftlichen Gründen
nicht zu denken.
Aus den Erkenntnissen der
Bauzustandsanalyse wurde da-
her folgende Arbeitsschritte
entwickelt:
– Bodenverfestigung
– Maueraustausch
– Abdichtung des ausge-
tauschten Mauerwerks
Die Stabilisierung des anstehen-
den Sandbodens war unabding-
bar die Voraussetzung für den
erforderlichen Austausch des öl-
verseuchten Mauerwerks. Bereits
die Entfernung des ersten Stei-
nes aus der Außenwand, hätte
sonst einen nicht enden wol-
lenden Sandfluss in das Bau-
werksinnere in Bewegung ge-
setzt. Nicht auszudenken, wel-
che Schäden in und am Gebäude
sowie auf dem Grundstück ent-
standen wären. Auch ein Ver-
schließen dieser Öffnung wäre
nicht möglich, da die frisch ein-
gesetzten Steine diesem Druck
der nachschiebenden Sandmas-
sen nicht standhalten können.
Nicht kalkulierbare Gebäude-
schäden sind die Folge. Es ging
also darum, den anstehenden
Sandboden so zu stabilisieren,
damit das angedachte Schadens-
szenario nicht Realität werden
kann.
Die Verfestigung des anste-
henden Sandbodens erfolgte in
Form von Injektionen. Dazu war
es erforderlich, zunächst die Au-
ßenwände des Tankraumes und
angrenzende Sicherheitsüber-
lappungen mit einem versetzt
angeordneten Raster von Boh-
rungen, die jeweils bis ins an-
grenzende Erdreich geführt wur-
den, zu versehen. Über die darin
eingesetzten Injektionspacker
(Bild 2) wurde Aida PUR – In-
jektionsgel der Firma Remmers
mit einer Zwei–Komponenten–
Pumpe GEKO-1 der Desoi GmbH
in den Sandboden injiziert (Bild
3), um ihn standfest zu machen.
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