AUS DER PRAXIS
          
        
        
          
            Immer wieder ein Diskussionspunkt:
          
        
        
          
            Großflächige Anwendung von Holzschutzmitteln
          
        
        
          
            Eine „großflächige An-
          
        
        
          
            wendung“ von Holz-
          
        
        
          
            schutzmitteln wird in den
          
        
        
          
            Regelwerken, insbesonde-
          
        
        
          
            re DIN 68800 Teil 4, ein-
          
        
        
          
            geschränkt – aber nicht
          
        
        
          
            generell verboten. Da die
          
        
        
          
            verschiedenen Regelwerke
          
        
        
          
            und ihre Teile aufeinander
          
        
        
          
            aufbauen und einzelne
          
        
        
          
            von diesen mit der Zeit
          
        
        
          
            zudem weiter entwickelt
          
        
        
          
            wurden, kann nicht ein-
          
        
        
          
            fach ein Satz aus einem
          
        
        
          
            Regelwerk zitiert und
          
        
        
          
            zum Maß aller Dinge er-
          
        
        
          
            hoben werden. Die Zusam-
          
        
        
          
            menhänge sind komple-
          
        
        
          
            xer.
          
        
        
          Unklarheiten und Probleme in
        
        
          der Praxis sind damit vorpro-
        
        
          grammiert.
        
        
          Deshalb soll im Folgenden
        
        
          zunächst der logische Zusam-
        
        
          menhang der Regelungen dar-
        
        
          gelegt werden. Die praktische
        
        
          Anwendung wird im Absatz 3 be-
        
        
          schrieben, so daß der ungedul-
        
        
          dige Leser den folgenden Ab-
        
        
          satz gerne überspringen kann.
        
        
          
            1 Regelwerke und
          
        
        
          
            Begriffsbestimmung
          
        
        
          DIN 68 800 Teil 3 (April
        
        
          1990) empfiehlt, eine „großflä-
        
        
          chige Anwendung“ zu vermei-
        
        
          den und Teil 4 (November 1992)
        
        
          untersagt dies sogar. Als groß-
        
        
          flächig wird dabei das Über-
        
        
          schreiten eines Richtwertes von
        
        
          0,2 [m
        
        
          2
        
        
          Oberfläche /m
        
        
          3
        
        
          Raumvo-
        
        
          lumen] definiert.
        
        
          Dies gilt aber nur für den
        
        
          „Innenbau“ (68800-3, Absatz
        
        
          11.1.4) bzw. deutlich klarer
        
        
          definiert für „Räume, die dem
        
        
          Aufenthalt von Tieren oder Men-
        
        
          schen ...dienen“ (68800-4,
        
        
          Absatz 5.2.8).
        
        
          Die Landesbauordnungen
        
        
          (z.B: Schleswig-Holstein, Januar
        
        
          2000) definiert in § 2, „Begrif-
        
        
          fe“, den Aufenthaltsraum so,
        
        
          daß deutlich wird, der Faktor
        
        
          0,2 gilt für Räume, die dem län-
        
        
          geren Aufenthalt von Personen
        
        
          (oder Tieren) dienen und die
        
        
          dazugehörigen Nebenräume
        
        
          sowie Räume, die der Lagerung
        
        
          von Lebens- bzw. Futtermitteln
        
        
          dienen.
        
        
          Somit gehören alle Arbeits-,
        
        
          Wohn- und Schlafräume und die
        
        
          dazugehörigen Flure und z.B.
        
        
          Bäder, Toiletten zu den Aufent-
        
        
          haltsräumen. Nicht-Aufenthalts-
        
        
          räume sind demnach Speicher,
        
        
          Abstellräume, Trockenböden,
        
        
          etc..
        
        
          Die jüngste Regel, der
        
        
          Beuth-Kommentar (1998) erläu-
        
        
          tert den Absatz 5.2.8. 68800-
        
        
          4 genauer. Dabei wird darauf
        
        
          hingewiesen, daß ein Über-
        
        
          schreiten des Faktors dann
        
        
          möglich ist, wenn dieses „bau-
        
        
          technisch begründet“ ist, d.h.,
        
        
          wenn der Befall so intensiv ist,
        
        
          daß er gar nicht anders be-
        
        
          kämpft werden kann.
        
        
          Weiterhin weist der Kom-
        
        
          mentar auf die fast ausschließ-
        
        
          liche Anwendung lösemittelhal-
        
        
          tiger Präparate hin, bei denen
        
        
          die synthetischen Pyrethroide
        
        
          überwiegen. Der Gedanke einer
        
        
          „luftabgeschlossenen Beklei-
        
        
          dung“ (5.2.8 68800-4) war so-
        
        
          mit deutlich auf die damals
        
        
          üblichen organischen Insekti-
        
        
          zide geprägt, die aufgrund ih-
        
        
          res Dampfdruckes über lange Zeit
        
        
          langsam ausgasen.
        
        
          Alle genannten Regelungen
        
        
          sind heute (2004) somit schon
        
        
          relativ alt, zumal wenn man
        
        
          bedenkt, daß der Drucklegung
        
        
          meistens mehrere Jahre der
        
        
          Erarbeitung vorausgehen. Neue
        
        
          Erkenntnisse und neue Produkte
        
        
          können daher bereits auf dem
        
        
          Markt vorhanden sein. Diese
        
        
          mögliche Entwicklung wird in
        
        
          den Regelwerken durch den
        
        
          Verweis auf die zwingend zu
        
        
          beachtende Bauaufsichtliche Zu-
        
        
          lassung des einzelnen Holz-
        
        
          schutzmittels berücksichtigt.
        
        
          Nebenbei bemerkt fordert
        
        
          68800-4 die Verwendung von
        
        
          RAL-geprüften Produkten, die
        
        
          für diesen Anwendungsbereich
        
        
          seit 1998 nicht mehr zulässig
        
        
          sind. Eine Dynamik ist somit in
        
        
          den Regelwerken eingeplant.
        
        
          Die
        
        
          
            Bauaufsichtliche Zulas-
          
        
        
          
            sung
          
        
        
          ist also das Instrument,
        
        
          zeitnah auf aktuelle Entwicklun-
        
        
          gen einzugehen. Dort gilt seit
        
        
          dem 1. 1. 2001:
        
        
          – Der Faktor 0,2 [m
        
        
          2
        
        
          /m
        
        
          3
        
        
          ] wird
        
        
          ausdrücklich für den
        
        
          
            kubi-
          
        
        
          
            schen
          
        
        
          Raum definiert.
        
        
          – Die großflächige Anwendung
        
        
          in
        
        
          
            sonstigen Innenräumen
          
        
        
          ist zulässig, wenn sie bau-
        
        
          technisch als unvermeidlich
        
        
          begründet ist.
        
        
          – Die großflächige Anwendung
        
        
          in
        
        
          
            Aufenthaltsräumen
          
        
        
          und
        
        
          deren Nebenräumen ist zu-
        
        
          lässig, wenn die behandel-
        
        
          ten Bauteile raumseitig ab-
        
        
          gedeckt werden.
        
        
          
            2 Neue oder andere
          
        
        
          
            Wirkstoffe
          
        
        
          Die heute hauptsächlich
        
        
          verwendeten Wirkstoffe haben
        
        
          andere Eigenschaften und so-
        
        
          mit ein anderes Verhalten als die
        
        
          früher gebräuchlichen.
        
        
          
            Borsalze,
          
        
        
          die seit über 50
        
        
          Jahren eingesetzt werden,  ha-
        
        
          ben seit Ende der 90er Jahre
        
        
          auch die Anwendung als  Be-
        
        
          kämpfungsmittel erfahren und
        
        
          sich bewährt. Mittlerweile stel-
        
        
          len sie einen erheblichen An-
        
        
          teil. So waren 2003 neun von
        
        
          30 zugelassenen Bekämpfungs-
        
        
          mitteln Borsalze.
        
        
          Borsalze weisen keinen
        
        
          Dampfdruck auf, verflüchtigen
        
        
          sich somit nicht in die Raum-
        
        
          luft, so daß die vorgenannten
        
        
          Abdeckungen keinen Sinn mehr
        
        
          haben.
        
        
          
            Hormon-Analoga
          
        
        
          (Häu-
        
        
          tungshemmer), die seit etwa
        
        
          5 Jahren auf dem Markt sind,
        
        
          passen nicht mehr in die gän-
        
        
          gige Vorstellung von Bioziden.
        
        
          Sie greifen in bestimmte Stoff-
        
        
          wechselschritte bestimmter Ziel-
        
        
          organismen ein. Zusätzlich
        
        
          zeichnen auch sie sich durch
        
        
          einen geringen Dampfdruck aus.
        
        
          
            3 Für die Praxis folgt
          
        
        
          j
        
        
          Räume, die nicht dem dau-
        
        
          ernden Aufenthalt von Per-
        
        
          sonen oder Tieren, bzw. der
        
        
          Lagerung von Nahrungsmit-
        
        
          teln dienen (Dachböden,
        
        
          Scheunen, Garagen, Abstell-
        
        
          räume)
        
        
          j
        
        
          Keine Beschränkungen
        
        
          j
        
        
          Räume, die nicht „kubisch“
        
        
          sind (Dachböden)
        
        
          j
        
        
          Keine Beschränkungen
        
        
          j
        
        
          Räume, die dem Aufenthalt
        
        
          dienen (Wohnräume, Flure,
        
        
          Küchen, Bäder, Gaststätten)
        
        
          j
        
        
          möglichst keine großflä-
        
        
          chige Anwendung
        
        
          Ist eine großflächige Anwen-
        
        
          dung aber aufgrund des Befalls
        
        
          und der baulichen Situation
        
        
          nicht vermeidbar, dann: Abdek-
        
        
          ken der Oberfläche
        
        
          j
        
        
          Borsalze: Gipskarton, Panee-
        
        
          le, Anstrich, etc.
        
        
          j
        
        
          Pyrethroide: staubdicht!
        
        
          (Bauphysik beachten!)
        
        
          j
        
        
          Hormonanaloga (Häutungs-
        
        
          hemmer): Gipskarton, Pa-
        
        
          neele, etc.
        
        
          
            Dr. André Peylo
          
        
        
          
            Lavtox, Lauenburg
          
        
        
          Schützen & Erhalten · Dezember 2004 · Seite 27