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Schützen & Erhalten · Dezember 2005 · Seite 24
BAUVERTRAGSRECHT
Bauabzugsteuer: Abzugspflicht bei Abtretung der
Werklohnforderung
BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 (Az: VII ZR 97/04)
Bei Abtretung der Werklohn-
forderung durch den leisten-
den Unternehmer ist der Lei-
stungsempfänger nur dann
von der Abzugspflicht entbun-
den, wenn ihm von jenem eine
Freistellungsbescheinigung
vorgelegt wird. Nach Vornah-
me des Steuerabzuges und Ab-
führung des Abzugsbetrages
an das Finanzamt tritt inso-
weit hinsichtlich der Werk-
lohnforderung Erfüllungswir-
kung ein, es sei denn, für den
Leistungsempfänger war ein-
deutig erkennbar, dass eine
Verpflichtung zum Steuerab-
zug nicht bestand.
Dies entschied der Bundesgerichts-
hof mit o.g. Urteil.
Der Entscheidung lag im Wesent-
lichen folgender Sachverhalt zu
Grunde:
Die Klägerin beauftragte die
inzwischen liquidierte Firma A mit
Bauarbeiten für eine Kläranlage.
Nach Abrechnung der Arbeiten trat
diese den Werklohnanspruch im
November 2002 an die Beklagte ab,
die die Werklohnforderung in ei-
nem Vorprozess gegen die jetzige
Klägerin geltend machte. Diese
wurde zur Zahlung an die Beklag-
te verurteilt. Nachdem die Kläge-
rin die Beklagte ohne Erfolg zur
Vorlage einer Freistellungsbeschei-
nigung der Firma A aufgefordert
hatte, zahlte sie an die Beklagte
85% der titulierten Forderung. Die
restlichen 15% führte sie als Steu-
erabzug an das für die Firma A
zuständige Finanzamt ab. Wegen
dieses Betrages betrieb die Beklag-
te die Zwangsvollstreckung aus dem
Urteil des Vorprozesses gegen die
Klägerin.
In dem nunmehrigen Verfah-
ren begehrt die Klägerin, die
Zwangsvollstreckung für unzuläs-
sig zu erklären. In erster und zwei-
ter Instanz obsiegte sie. Auch die
Revision der Beklagten hatte kei-
nen Erfolg.
In seiner Entscheidung führt
der Bundesgerichtshof u.a. Folgen-
des aus:
Mit der in § 48 Abs. 1 EStG
geregelten Abzugsverpflichtung
trete in Höhe des Abzugsbetrages
für den Leistungsempfänger neben
seine zivilrechtliche Leistungsver-
pflichtung gegenüber dem Leisten-
den eine öffentlich-rechtliche Zah-
lungsverpflichtung und Haftung
gegenüber dem Finanzamt des Lei-
stenden. Das zivilrechtliche Ver-
tragsverhältnis werde durch die
gesetzliche Abzugsverpflichtung
abgabenrechtlich überlagert. So-
fern der Leistungsempfänger sei-
ner bestehenden Zahlungspflicht
gegenüber dem Finanzamt des Lei-
stenden zur Vermeidung einer Haf-
tung nach § 48 Abs. 3 S. 1 EStG
nachkomme, verhalte er sich im
Verhältnis zum Leistenden nicht
vertragswidrig. Der Leistungsemp-
fänger erfülle in Höhe des Abzugs-
betrages seine zivilrechtliche Lei-
stungspflicht, indem er der ihm
abgabenrechtlich auferlegten Ab-
zugsverpflichtung gegenüber dem
Finanzamt des Leistenden nach-
komme.
Der Einwand, die Werklohnfor-
derung habe nicht durch Zahlung
an das Finanzamt teilweise erfüllt
werden können, weil sie bereits an
die Beklagte abgetreten und da-
mit nicht mehr Bestandteil des
Vermögens der Firma A als Leisten-
de gewesen sei, greife nicht durch.
Denn die gesetzliche Pflicht zur
Abführung eines Abzugsbetrages
knüpfe nach dem Wortlaut des §
48 Abs. 1 EStG an die Erbringung
der Gegenleistung durch den Lei-
stungsempfänger an. Die Abzug-
verpflichtung bestehe unabhängig
davon, wann die Bauleistung er-
bracht worden sei und ob die Ge-
genleistung dem Leistenden zivil-
rechtlich noch zustehe oder nicht.
Der Leistungsempfänger sei im
Falle der Abtretung nur dann von
der Abzugspflicht entbunden, wenn
der Zessionar eine für den Leisten-
den i.S.d. § 48 EStG erteilte Frei-
stellungsbescheinigung vorlege.
Zweck des Gesetzes sei es, die Ein-
kommen- und Körperschaftbesteue-
rung hinsichtlich des Gewinns des
die Bauleistung erbringenden Un-
ternehmers sowie die Besteuerung
des Arbeitslohns der beim Erbrin-
gen der Bauleistung eingesetzten
Arbeitnehmer in gewissem Umfang
zu sichern. Der damit verfolgte
Sicherungszweck entfalle regelmä-
ßig, wenn für den Leistenden eine
Freistellungsbescheinigung erteilt
worden sei. Der Beklagte hinge-
gen habe die Bauleistung nicht
erbracht. Seine Steuerverpflichtun-
gen sollten nach dem Gesetzes-
zweck nicht gesichert werden. Es
komme daher nicht darauf an, ob
der Beklagte mit einer Freistel-
lungsbescheinigung belegen kön-
ne, dass gegen ihn bestehende
Steueransprüche nicht gefährdet
seien.
Schließlich sei nicht erheblich,
dass nicht abschließend steuer-
rechtlich geklärt sei, ob die Vor-
schrift des § 48 EStG im Falle ei-
ner vor In-Kraft-Treten dieser Re-
gelung vorgenommenen Abtretung
der Werklohnforderung Anwendung
finde und die Klägerin zum Steu-
erabzug verpflichtet gewesen sei
oder ob dem das verfassungsrecht-
liche Rückwirkungsverbot entge-
genstehe. Erfüllungswirkung trete
grundsätzlich auch in einem sol-
chen Fall ein, es sei denn, für den
Leistungsempfänger sei aufgrund
der ihm im Zeitpunkt der Zahlung
bekannten Umstände eindeutig
erkennbar gewesen, dass eine Ab-
zugsverpflichtung für ihn nicht
bestehe. Die Unklarheiten der steu-
errechtlichen, möglicherweise so-
gar durch Verfassungsrecht beein-
flussten Lage beträfen in erster
Linie das steuerrechtliche Verhältnis
zwischen Werkunternehmer als
Steuerschuldner und Finanzbehör-
de. § 48 EStG schalte den Lei-
stungsempfänger als zunächst Au-
ßenstehenden lediglich in die Ab-
wicklung dieses für ihn fremden
Steuerverhältnisses ein. Demgemäß
könnten nicht ihm die Risiken sol-
cher Unklarheiten auferlegt wer-
den; diese müssten vielmehr beim
Steuerschuldner verbleiben. Diese
Überlegungen gälten auch dann,
wenn die Werklohnforderung an
einen Dritten abgetreten sei. Der
Abtretungsempfänger, der das Ri-
siko der Werthaltigkeit und Durch-
setzbarkeit der ihm abgetretenen
Forderung trage, müsse sich ggf.
wegen der Nachteile, die sich für
ihn aus den steuerlichen Verhält-
nissen des Abtretenden ergäben,
an diesen als seinen Vertragspartner
halten. Die Position des Leistungs-
empfängers könne sich hinsicht-
lich der Regelung des § 48 EStG
durch die Abtretung nicht ver-
schlechtern.
Nachunternehmer-
vertrag BAU
Überarbeitete Fassung
Wir haben für Sie die die über-
arbeitete Schlussfassung o.g. Ver-
tragsmusters ins Internet gestellt.
Wir weisen darauf hin, dass die
Verwendung des Vertragsmusters
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gestattet ist. Diese Gestattung
umfasst nicht die Überlassung an
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Übersicht über die
vergaberechtlichen
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Länder
Die überarbeitete Fassung der Über-
sicht über die vergaberechtlichen
Regelungen der Länder finden Sie
ab sofort im Mitgliederbereich unter
In der Übersicht finden sich
insbesondere Ausführungen zu
Regelungen zur Tariftreue, zum
Nachunternehmereinsatz, zur Wer-
tung unangemessen niedriger An-
gebote, zu Wertgrenzen für frei-
händige Vergaben und beschränkte
Ausführungen sowie zur Korrupti-
onsbekämpfung.
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