Schützen & Erhalten - page 18

Schützen & Erhalten · Dezember 2005 · Seite 18
Stachybotrys im Innenraum – in jedem Fall
eine toxische Gefahr?
Erkennung und Toxinnachweise
Mit einem Schimmelpilzbefall
in Innenräumen ist immer
häufiger die Frage verbunden,
ob auch eine Gesundheitsge-
fährdung vorliegt. Spätestens
seit Berichte in den 90er Jah-
ren über Todesfälle von Klein-
kindern aus den USA in Zu-
sammenhang mit Stachy-
botrys-Befall (Dearborn et. al.
1999) kursierten und im In-
ternet und in Boulevardblät-
tern Horrorszenarien über Sta-
chybotrys verbreitet werden
(„Das Bonner Gifthaus“ etc.),
müssen sich Sachverständige
und Sanierer mit der Gefähr-
lichkeit des Befalls auseinan-
dersetzen.
Eine abschließende Beurteilung
fällt oft selbst Toxikologen und Me-
dizinern schwer. Im Medienzeitalter
kann sich jeder leicht (Halb-) In-
formation per Internet über „To-
xische Schimmelpilze“ beschaffen,
jedoch ohne Möglichkeit, die Qua-
lität der Informationen zu prüfen.
Hysterie und Überreaktionen bei
den Betroffenen sind oft die Fol-
ge. Ohne Zweifel gibt es spekta-
kuläre Schadensfälle mit Aufsehen
erregenden Schadensersatzklagen
in den USA, aber stellt jeder Scha-
densfall mit Stachybotrys eine to-
Stachybotrys unter
dem Mikroskop.
xische Gefahr dar? Ist jeder schwar-
ze Schimmelpilzbefall gleichbedeu-
tend mit Stachybotrys-Befall?
Gravesen et. al. (1994) führen
folgende wichtige Hinweise über
Stachybotrys chartarum an: Die
Gefährlichkeit von Stachybotrys
chartarum ist bereits seit einigen
Jahrzehnten bekannt. Es gibt Be-
richte aus den 40er Jahren, die über
toxische Effekte bei Soldaten nach
Kontakt mit verschimmelten Zelt-
planen und Faserplatten berichten.
Es können Haut- und Schleimhaut-
reizungen sowie Hemmungen des
Immunsystems und der Proteinsyn-
these auftreten. Am besten bekannt
sind die toxischen Wirkungen von
Stachybotrys chartarum jedoch bei
Pferden, die verschimmeltes Stroh
gefressen haben oder Sporen aus
verschimmelter Einstreu inhaliert
haben. Dabei sind zunächst Sym-
ptome wie Erkältungen, Augenent-
zündungen, Schleimhautgeschwüre
und erhöhte Temperatur zu beob-
achten. Darauf nimmt die Zahl der
weißen Blutkörperchen ab und die
Blutgerinnung ist beeinträchtigt.
Schließlich kommt es zum Verlust
der Blutgerinnung, zu Durchfall,
erhöhter Temperatur, bakteriellen
Infektionen und neurologischen
Effekten, bevor die Tiere verenden.
Verantwortlich für die Giftwirkung
sind Toxine, die der Gruppe der ma-
krozyklischen Trichothecene ange-
hören. Beim Menschen sind Effekte
beschrieben wie Dermatitis, Bren-
nen in Mund und Nase, Schleim-
hautreizungen, Husten, Müdigkeit,
Beißen und Jucken in Nase, Ra-
chen und Augen.
Aus den obigen Ausführungen
kann man erkennen, dass ein Be-
fall durch Stachybotrys chartarum
eine erhöhte Aufmerksamkeit und
gegebenenfalls besondere Vorsicht
bei der Sanierung erfordert.
Erst mit der Verwendung zel-
lulosehaltiger Materialien in gro-
ßem Maßstab beim Innenausbau
tritt Stachybotrys chartarum auch
im Innraum verstärkt auf. Diese
Pilzart ist auf zellulosehaltige Ma-
terialien angewiesen und kommt
daher meist als schwarzer Schim-
melrasen auf Tapeten, Kartons,
Papieren, Gipskartonplatten, Holz,
Holzwerkstoffen und sonstigen
pflanzlichen Materialien vor. Vor-
aussetzung für einen Befall ist je-
doch eine relativ starke Durchfeuch-
tung des Materials, wie z.B. nach
einem Wasserschaden an Tapeten
und Gipskartonplatten.
Bei der Schimmelpilzsanierung
sollten zur eigenen Absicherung
und zur Gefährdungsbeurteilung für
den Arbeitsschutz (BG Bau 2005)
einige wichtige Informationen über
den Befall selbst ermittelt werden,
da die Einhaltung von entsprechen-
den Schutzmaßnahmen erforderlich
ist. Die Erkennung potentieller
Toxinbildner ist dabei von Bedeu-
tung. Bisher war die Erkennung von
Pilzarten auf Labormethoden be-
schränkt. Mit bloßem Auge sind die
Schimmelpilze nicht zu unterschei-
den und einfache, kostengünsti-
ge Standardtests für Arten- oder
Toxinnachweise fehlten.
Zur Erkennung von Stachy-
botrys stehen bisher nur Laborver-
fahren und Kulturverfahren zur
Verfügung wie:
– Mikroskopie: schnell, Minimum
1 Tag im Labor
– Kulturverfahren: langwierig und
unsicher, da sich Stachybotrys
meist nur langsam entwickelt
und von schneller wachsenden
Kolonien überwachsen werden.
– molekularbiologische Methoden
wie PCR: aufwendig und kost-
spielig, nur durch Speziallabors.
Das Spektrum der Nachweismetho-
den insbesondere für Stachybotrys
chartarum ist nun durch ein ein-
faches Testverfahren als Hilfsmit-
tel für den Beurteilenden und/oder
ARBEITSKREISE
Schimmelschadenbeseitigung
Stachybotrys
Befall im
Bad.
1...,8,9,10,11,12,13,14,15,16,17 19,20,21,22,23,24,25,26,27,28,...48
Powered by FlippingBook