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BAUVERTRAGSRECHT
VOB/C – Urteil des BGH vom 17. Juni 2004 (Az.: VII ZR 75/03)
Abrechnungsregelungen (Abschnitt 5) sind
Allgemeine Geschäftsbedingungen
In o. g. Urteil kommt der
BGH zu der Auffassung,
dass die Abrechnungs-
regelungen der VOB/C als
Allgemeine Geschäftsbe-
dingungen anzusehen
sind (vgl. Anlage).
Dem Urteil liegt folgender Sach-
verhalt zugrunde:
Die Klägerin verlangt von der
Beklagten restlichen Werklohn
für Dämmarbeiten. Die Beklagte
wurde mit der Errichtung einer
Natursteinfassade beauftragt.
Sie schloss mit der Klägerin
unter Zugrundelegung der VOB/
B einen Vertrag über die Erstel-
lung der Wärmedämmung. Die
Leistungen sind fertiggestellt.
Die Schlussrechnung der Kläge-
rin wurde durch die Beklagte
gekürzt, weil sie der Auffassung
ist, das Aufmaß für die Wärme-
dämmung müsse auf der Grund-
lage der DIN 18299, Abschnitt
5, nach den Flächen der Wär-
medämmung erstellt werden. Die
Klägerin ist dem gegenüber der
Auffassung, das Aufmaß sei auf
der Grundlage der DIN 18332,
Abschnitt 5.1.1.3, nach den
Außenmaßen der Fassadenbe-
kleidung zu entnehmen.
Die auf Zahlung gerichtete
Klage hatte in beiden Instan-
zen Erfolg. Auf die Revision der
Beklagten hob der BGH das
Berufungsurteil auf und führt
u.a. aus:
Die Abrechnungsregelungen
der ATV enthalten vertragsrecht-
liche Regelungen. Sie nehmen
Einfluss auf die Art der Abrech-
nung, § 14 Nr. 2 Satz 2 VOB/
B. Damit bestimmen sie auch
den Preis für die erbrachte Lei-
stung. Sie sind wegen ihrer ver-
tragsrechtlichen Bedeutung All-
gemeine Geschäftsbedingungen.
Die Auslegung der Abrechnungs-
regelungen hat nach den Grund-
sätzen zu erfolgen, die die
Rechtsprechung zur Auslegung
von Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen entwickelt hat.
Allgemeine Geschäftsbedin-
gungen sind nach objektiven
Maßstäben so auszulegen, wie
an den geregelten Geschäften
typischerweise beteiligte Ver-
kehrskreise sie verstehen kön-
nen und müssen.
Dabei kann eine Differenzie-
rung nach unterschiedlichen
Verkehrskreisen geboten sein.
Werden die ATV in Verträgen
zwischen Bauunternehmern ver-
einbart, so ist das den Wort-
laut sowie den Sinn und Zweck
der Regelung berücksichtigen-
de redliche Verständnis der Ver-
tragspartner des Baugewerbes
maßgebend.
Bei der Auslegung der ATV
kommt der Verkehrssitte jeden-
falls dann eine maßgebliche
Bedeutung zu, wenn die ATV in
ihrem Wortlaut nicht eindeutig
ist und auch der Sinn und Zweck
der Regelung einen eindeutigen
Regelungsgehalt nicht erkennen
lässt.
Die Vorgerichte wären nicht
gehindert gewesen, zur Ermitt-
lung der notwendigen tatsäch-
lichen Grundlagen für die von
ihnen vorzunehmende Ausle-
gung der ATV Beweis darüber
zu erheben, wie die herange-
zogenen ATV im Baugewerbe
verstanden werden. Diese Be-
weisfrage kann auch durch ein
Gutachten eines Bausachver-
ständigen beantwortet werden.
Der Gutachter muss die Beweis-
frage frei von nicht belegbaren
Wertungen beantworten und
darlegen, auf welcher Grundlage
er der Auffassung ist, dass ATV
im Baugewerbe in einem be-
stimmten Sinne verstanden
werden.
Dazu muss er, wenn nicht
bereits Stellungnahmen der
beteiligten Verkehrskreise oder
z. B. der IHK sowie der Hand-
werkskammern vorliegen, in
geeignetem Umfang Erkundigun-
gen einholen und diese Quel-
len offenlegen. Eine Kommen-
tierung der VOB/C in der
Literatur ist grundsätzlich nicht
maßgebend für das objektive
Verständnis der ATV. Sie ist nur
dann eine geeigneten Hilfe für
deren Auslegung, wenn sie vom
Baugewerbe als maßgebliche
Darstellung akzeptiert wird und
deshalb das objektive Verständ-
nis der ATV wiedergibt.
Der Bundesgerichtshof
hat grundlegende Fragen
des § 6 Nr. 7 VOB/B (Kün-
digung bei Unterbrechung
der Ausführung von mehr
als drei Monaten) ent-
schieden.
Der Entscheidung sind folgen-
de Leitsätze vorangestellt:
1. § 6 Nr. 7 VOB/B ist auch
dann anwendbar, wenn ein
Auftragnehmer vor der Un-
terbrechung der Bauausfüh-
rung mit seiner Arbeit auf
der Baustelle noch nicht be-
gonnen hat.
2. Die Kündigung nach § 6 Nr.
7 VOB/B kann vor Ablauf der
3-Monats-Frist erklärt wer-
den, wenn mit Sicherheit
feststeht, dass die Unterbre-
chung länger als drei Monate
dauern wird.
3. Die Kündigung nach § 6 Nr.
7 VOB/B kann auch die Ver-
tragspartei erklären, aus
deren Risikobereich die Ur-
sache für die Unterbrechung
der Bauausführung herrührt
oder die diese zu vertreten
hat, sofern ihr ein Festhal-
ten an dem Vertrag nicht
zumutbar ist.
4. § 642 BGB ist bei gekün-
digtem Vertrag neben § 6
Nr. 6 VOB/B anwendbar.
Merkblatt
„Preisvorbehalte und Preisgleit-
klauseln in Bauverträgen“
Das o.g. Merkblatt wurde
u.a. in Ansehung der we-
gen der Stahlpreiserhö-
hungen ergangenen Erlas-
se des Bundesministeri-
ums für Verkehr-, Bau-
und Wohnungswesen.
Es berücksichtigt die Inhalte
dieser Erlasse sowie bei den Be-
rechnungsbeispielen Kostenän-
derungen, die sich seit der erst-
maligen Veröffentlichung des
Merkblattes ergeben haben.
Das Merkblatt können Mit-
glieder im Internet im kennwort-
geschützten Bereich abrufen.
BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 (Az: VII ZR 363/02)
Kündigung des Bauvertrages bei
länger andauernder Unterbrechung
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