Schützen & Erhalten - page 18

anerkennenswert. Damit können
Vertragsstrafenabreden in Mu-
sterverträge aufgenommen wer-
den. Ob die Klausel im Einzel-
fall wirksam ist, hängt davon
ab, ob sie nicht eine unange-
messene Benachteiligung für
den Arbeitnehmer darstellt. Die-
se kann aus der Höhe einer Ver-
tragsstrafe folgen. Zur Feststel-
lung der Angemessenheit einer
Vertragsstrafe ist regelmäßig die
maßgebliche Kündigungsfrist
von erheblicher Bedeutung.
Hierin kommt zum Ausdruck, in
welchem zeitlichen Umfang der
Arbeitgeber Arbeitsleistungen
vom Arbeitnehmer verlangen
kann. Das Bundesarbeitsgericht
hat klargestellt, dass eine Ver-
tragsstrafe dann angemessen ist,
wenn sie sich auf die Höhe des
Lohnes beläuft, den der Arbeit-
nehmer bis zum Ablauf der or-
dentlichen Kündigungsfrist ver-
dient hätte. Eine darüber
hinausgehende Vertragsstrafe
lässt sich allenfalls rechtferti-
gen, wenn das Sanktionsinter-
esse des Arbeitgebers den Wert
der Arbeitsleistung aufgrund be-
sonderer Umstände typischer-
weise und generell übersteigt.
Im vorliegenden Fall sah der
Arbeitsvertrag eine Vertragsstra-
fe in Höhe eines Monatsgehalts
vor. Die Kündigungsfrist betrug
jedoch während der ersten sechs
Monate des Arbeitsverhältnis-
ses lediglich zwei Wochen. Aus
diesem Grund stellte die Klau-
sel eine unangemessene Be-
nachteiligung der Arbeitnehme-
rin dar und war unwirksam. Die
Beklagte brauchte keine Ver-
tragsstrafe zu zahlen. Das Bun-
desarbeitsgericht hat klarge-
stellt, dass sie auch keine Ver-
tragsstrafe in Höhe des Lohnes
für zwei Wochen – den Lauf der
Kündigungsfrist – zahlen muss.
Wäre eine solche Reduzierung
möglich, bestünde die Gefahr,
dass der Verwender von allge-
meinen Geschäftsbedingungen
– in diesem Fall der Arbeitge-
ber, der einen Musterarbeitsver-
trag mit Vertragsstrafenabrede
benutzt – zunächst einmal un-
gefährdet bis zur Grenze des-
sen gehen könnte, was zu sei-
nen Gunsten in gerade noch
vertretbarer Weise angeführt
werden kann. Es bestünde die
Gefahr, dass der Arbeitnehmer
mit überzogenen Klauseln kon-
frontiert würde und erst im Rah-
men eines Gerichtsprozesses
seine Rechte und Pflichten zu-
verlässig klären könnte. Aus
diesem Grund ist eine Geltungs-
erhaltung in angemessener Höhe
ausgeschlossen, so dass der
Arbeitgeber von vornherein
gehalten ist, eine angemesse-
ne Klausel zu verwenden.
Arbeitsverträge sollten die
folgende Vertragsstrafenklausel
enthalten, die den Anforderun-
gen des vorliegenden Urteils des
Bundesarbeitsgerichts entspricht
und damit wirksam ist:
„Nimmt der Arbeitnehmer
die Arbeit nicht auf oder löst
er das Arbeitsverhältnis ohne
wichtigen Grund und ohne Ein-
haltung der Kündigungsfrist, so
verpflichtet er sich, für jeden
Arbeitstag der Kündigungsfrist,
den er nicht einhält, eine Ver-
tragsstrafe in Höhe eines
Tagesverdienstes (brutto) an
den Arbeitgeber zu zahlen, be-
grenzt auf einen Monatslohn.
Darüber hinausgehende Scha-
densersatzansprüche bleiben
unberührt.“
ARBEITS- UND TARIFRECHT
Lohnanspruch in der Rufbereitschaft
Für Rufbereitschaft können
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
eine pauschalierte Vergütung
vereinbaren.
Auch Arbeitnehmer von Bau-
betrieben sind von Zeit zu Zeit
in Rufbereitschaft tätig, bei-
spielsweise, wenn Unwetter dro-
hen und entstehende Schäden
umgehend beseitigt werden
sollen.
Arbeitszeitlich und vergü-
tungsrechtlich wird zwischen der
Zeit voller Arbeit, Arbeitsbereit-
schaft, Bereitschaftsdienst und
der Rufbereitschaft unterschie-
den. Die Rufbereitschaft stellt
die geringsten Anforderungen
an den Arbeitnehmer. Sie ver-
pflichtet ihn, außerhalb seiner
regelmäßigen Arbeitszeit auf
Abruf die Arbeit aufzunehmen,
während er sich hierfür an ei-
nem Ort seiner Wahl aufhalten
kann und ständig erreichbar sein
muss. Da die Verfügbarkeit des
Arbeitnehmers durch Handys
sichergestellt werden kann, ist
eine Anzeige des Aufenthalts-
ortes dem Arbeitgeber gegen-
über in der Regel nicht erfor-
derlich. Die eigene Bestimmung
des Aufenthaltsortes ist das
besondere Merkmal der Rufbe-
reitschaft. Beim Bereitschafts-
dienst hat sich der Arbeitneh-
mer an einem vom Arbeitgeber
bestimmten Ort aufzuhalten.
Der Arbeitnehmer muss bei der
Wahl seines Aufenthaltsortes
jedoch gewährleisten, dass er
die Arbeitsstelle in angemesse-
ner Zeit erreicht und die Ruf-
bereitschaft somit nicht gefähr-
det.
Arbeitszeitrechtlich gehört
die Rufbereitschaft zur Ruhe-
zeit im Sinne von § 5 Arbeits-
zeitgesetz (ArbZG). Der Abruf
des Arbeitnehmers beendet die
Ruhezeit.
Die Übernahme von Rufbe-
reitschaft muss zwischen Arbeit-
geber und Arbeitnehmer verein-
bart werden. Sie stellt eine
besondere Leistung des Arbeit-
nehmers dar, die zu vergüten
ist. Dabei kann sowohl eine
prozentuale Vergütung als auch
eine Pauschale mit dem Arbeit-
nehmer vereinbart werden.
Da die Tarifverträge für das
Baugewerbe eine Vergütung von
Rufbereitschaft nicht regeln,
kann diese Frage betrieblich
geregelt werden. Verschiedene
Tarifverträge anderer Branchen
sehen Regelungen in der Ver-
gütung von Rufbereitschaft vor:
– Der Manteltarifvertrag der
Energie- und Versorgungs-
wirtschaft Baden-Württem-
berg sieht eine Vergütung
mit 11% der Stundenvergü-
tung vor.
– Der Haustarifvertrag der
Deutschen Telekom AG be-
stimmt eine Vergütung in
Höhe von 12,5% der für die
Rufbereitschaft aufgewende-
ten Zeit.
– Der Zulagentarifvertrag der
Deutschen Bahn AG regelt
eine pauschale Rufbereit-
schaftszulage in Höhe von
1,64 Euro/Stunde.
Der Betrieb ist in der Verein-
barung der Rufbereitschaftsver-
gütung frei.
Diese beispielhaften Rege-
lungen aus den Tarifverträgen
anderer Branchen können als
Orientierung angesehen werden.
ARBEITS- UND SOZIALRECHT
Schützen & Erhalten · September 2004 · Seite 18
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