Schützen & Erhalten - page 32

Schützen & Erhalten · Juni 2005 · Seite 32
statt. Um Einflüsse von Träger-
materialien zunächst soweit wie
möglich auszuschalten, wurden
erste Versuchsreihen mit ange-
impften Papierplättchen aus Ja-
panpapier durchgeführt.
Hierbei konnte erarbeitet
werden, dass bereits bei Dauer-
bestrahlungen von nicht sporo-
lierendem Myzel extrem hohe
Temperaturen erreicht werden
müssen, bis es zu einer Abtötung
der Pilze kommt. Je nach Pilz-
art liegen die Temperaturen un-
terschiedlich hoch. Bei sporolie-
renden Kulturen erhöht sich die
Letaltemperatur zum Teil weiter,
was vermutlich auf den geringe-
ren Wasseranteil der Sporen zu-
rückzuführen ist.
Pilzart
Letaltemperatur
Alternaria alternata
> 100°C
Chaetomium globosum
> 95°C
Botrytis cinera
> 95°C
Botryotrichum
piluliferum
> 80°C
Tabelle 1: Letaltemperatur
verschiedener Pilzmyzelien bei
Dauerbestrahlung.
Weiterführende Untersuchun-
gen beschäftigten sich mit In-
tervallbestrahlungen. Hier wur-
de überprüft, ob im Gegensatz
zur thermischen Abtötung bei
Dauerbestrahlungen das An- und
Ausschalten der Mikrowelle im
Sekundentakt, also ein Anregen
der Dipole des in den Zellen ent-
haltenen Wassers bzw. von Was-
ser, das in der umgebenden Hy-
drathülle von Proteinen vorhan-
den ist, die Zellen derart stresst,
dass es zu einer Abtötung kommt.
Mit Hilfe eines Vorschaltgeräts
wurde die Strahlung im 5-Sekun-
den bzw. 15-Sekundentakt ge-
schaltet und insgesamt ca. 50
min bestrahlt. Eine noch kürze-
re Taktungszeit ist aus techni-
schen Gründen nicht möglich, da
das elektromagnetische Feld be-
reits ca. 3 Sekunden benötigt,
bis es aufgebaut ist. Längere Tak-
tungen ergeben wiederum in der
Praxis keinen Sinn, da die Flä-
chen in der Regel abgefahren
werden und sich die Bestrah-
lungsintervalle aus der Geschwin-
Pilzart
Desinfektionsrate Desinfektionsrate
bei 5-Sek.-Taktung bei 15-Sek.-Taktung
Alternaria alternata
5%
0%
Chaetomium globosum
0%
0%
Botrytis cinera
10%
10%
Botryotrichum piluliferum
60%
65%
Tabelle 2: Desinfektionsrate verschiedener Pilzmyzelien bei
Intervallbestrahlung.
digkeit der Senders und der
Spannweite der Mikrowellenauf-
bauten ergeben.
Im Ergebnis zeigt sich bei drei
der vier Pilzarten keine bis eine
vernachlässigbare abtötende Wir-
kung. Allein bei
Botryotrichum pi-
luliferum
liegt die Desinfektions-
rate bei 60–65%, einem Phäno-
men, dass hier nur festgehalten
aber nicht erklärt werden kann.
Unterschiede in der Taktungslän-
ge scheinen nur einen geringen
Einfluss zu haben.
melpilzarten gegenüber der Be-
strahlung war hier nicht ables-
bar.
Die durchgeführten Versuchs-
reihen zeigten zudem, dass we-
der die Holzfeuchte noch die
Holzart einen Einfluss auf die
Abtötung nahm. Feuchte Hölzer
erwärmten sich aufgrund ihres
höheren Wassergehalts lediglich
schneller als trockene. Dem ent-
sprechend sank die Holzfeuchte
nach der Bestrahlung bei feuch-
ten Probekörpern auch stärker ab
Trocknung der Materialien wer-
den damit nur die wachstums-
fördernden Ursachen behoben,
zur Desinfektion mikrobiell kon-
taminierter Flächen ist das Ver-
fahren jedoch nicht geeignet.
Kommt es zu einem wiederhol-
ten Feuchtigkeitseinbruch ist ein
erneutes Wachstum des Befalls
zu erwarten. Weiterführende
Maßnahmen nach dem Mikrowel-
leneinsatz, wie Reinigung der
Flächen und ggf. die Behandlung
mit einem Biozid sind daher
grundsätzlich zu überdenken. Des
Weiteren sind persönliche Schutz-
maßnahmen beim Umgang mit
dem inaktiven aber noch leben-
den Befall zu treffen.
Abschließend soll noch auf
weiterführende Untersuchungen
im Rahmen des AGIP- Projekts
hingewiesen werden, bei denen
sich u.a. mit möglichen Schädi-
gungen von Verleimungen und
hölzernen Veredelungsformen wie
Beizen und Überzügen auseinan-
der gesetzt wird.
Kontakt:
Frau Prof. Dr.
Gerdi Maierbacher-Legl
Frau Prof. Dr. Karin Petersen
Frau Dipl.-Rest. (FH)
Merle Strätling
Hochschule für angewandte
Wissenschaft und Kunst (HAWK)
Fachhochschule Hildesheim/
Holzminden/Göttingen
Fachbereich Restaurierung
Bismarckplatz 10–11
31135 Hildesheim
Beteiligte Partner:
Hanekop, Sprint
Sanierung, Hannover
Meinlschmidt, Dip.-Phys.,
Wilhelm-Klauditz-Institut,
Fraunhofer Institut für
Holzforschung, Braunschweig
Van der Gugten, Service-
Partner, Niederrohrdorf
(Schweiz)
Im Abgleich zu den Papier-
plättchen wurden weitere Versu-
che mit angeimpften Holzklötz-
chen unterschiedlicher Holzart
(Fichte, amerik. Weißeiche) und
Holzfeuchte (ca. 8–10% und 20–
25%) durchgeführt. Nach der
Bestrahlung wurde das Pilzma-
terial unter sterilen Bedingun-
gen mit der Pinzette abgenom-
men und auf einen Malz-Nähr-
boden gelegt. Gegebenenfalls
wurde festsitzendes eingetrock-
netes Myzel auch entnommen,
indem der darunter liegende Holz-
splitter mit dem Skalpell heraus-
geschnitten wurde.
Dabei zeigte es sich, dass es
allein in Einzelfällen zu einer Ab-
tötung einzelner Pilzarten kam.
Der geringe Erfolg der Desinfek-
tion war sowohl bei Dauer- als
auch bei Intervallbestrahlungen
feststellbar, selbst wenn Tempe-
raturen von 60°C über zwei Stun-
den gehalten wurden. Dabei
machte es auch keinen Unter-
schied, ob die Probekörper direk-
ter Strahlung ausgesetzt waren
oder sich durch Reststrahlung und
Temperaturverteilung erwärmt
haben. Eine Unterscheidung in
der Resistenz einzelner Schim-
als bei trockenen Hölzern, was
zu nicht vernachlässigbaren Span-
nungen im Holz und ggf. dem
Oberflächenüberzug führen kann.
Zusammenfassend zeichnet
sich ab, dass eine Abtötung von
Schimmelpilzen im Rahmen der
Versuchsparameter allein über das
Erreichen hoher Temperaturen
möglich ist. Die Temperaturbe-
reiche, die zur Ausschaltung von
Insekten und einigen holzzerstö-
renden Pilzen ausreichen, sind
nicht auf die getesteten Schim-
melpilzarten übertragbar, auch
wenn zwischen den verschiede-
nen Isolaten unterschiedlich hohe
Letaltemperaturen feststellbar
waren. Grundsätzlich lagen die
notwenigen Temperaturen jedoch
weit über dem, was hölzernem
Kunst- und Kulturgut zuträglich
ist, ohne Schäden zu verursachen.
Des Weiteren führen weder
das Halten von niedrigeren Tem-
peraturen über einen längeren
Zeitraum, noch schnelle Impul-
se der Taktung im Sekundenbe-
reich zu einer wirkungsvollen
Bekämpfung.
Mit einer Mikrowellenbestrah-
lung und einer einhergehenden
AUS DER WISSENSCHAFT
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36,37,38,39,40,41,42,...44
Powered by FlippingBook