Fragen, die sich viele Unternehmer stellen,
          
        
        
          
            insbesondere dann, wenn Lohnverhand-
          
        
        
          
            lungen anstehen. Nur wie kann eine
          
        
        
          
            solche Frage relativ gesichert beantwortet
          
        
        
          
            werden. Nach welchen Kriterien kann fair
          
        
        
          
            beurteilt werden.
          
        
        
          Die Schwierigkeit dürfte hierbei im Wesentlichen
        
        
          darin liegen, dass keine gesicherten Vergleichs-
        
        
          werte vorliegen. Was ist eine „Normalleistung“,
        
        
          was ist ein gerechter Lohn hierfür. Und auch das
        
        
          Problem eine Einzelleistung messbar zu machen,
        
        
          wenn im Regelfall mehrere Mitarbeiter auf der
        
        
          Baustelle arbeiten und jede Arbeit anders ist.
        
        
          Wie bei Schulnoten auch, spielen subjekti-
        
        
          ve Einflussmomente eine entscheidende Rolle.
        
        
          Nicht selten kommen dabei Mitarbeiter, die sich
        
        
          gut verkaufen können, besser weg als Mitarbei-
        
        
          ter, die eher im Stillen glänzen. Deren Fähig-
        
        
          keiten zeigen sich häufig erst dann, wenn der
        
        
          vermeintliche Prinz nicht mehr im Unternehmen
        
        
          tätig ist und Gesellen aus der zweiten Reihe auf-
        
        
          rücken können.
        
        
          Auch ist entscheidend, wer die Beurteilung
        
        
          durchführt. So wird bei einem Betrieb mit rund
        
        
          5 Beschäftigten der Unternehmer selbst die Mit-
        
        
          arbeiter anführen und deren Baustellenleistung
        
        
          kontrollieren. Spätestens ab einer Betriebsgröße
        
        
          über 10 Mitarbeiter wird er von einem techni-
        
        
          schen Mitarbeiter oder Vorarbeiter unterstützt.
        
        
          Da er dann nicht mehr alle Baustellen selbst
        
        
          führen wird, gehen deren Bewertungen in die
        
        
          Beurteilung ein. Versteht sich dieser gut mit
        
        
          dem jeweiligen Mitarbeiter wird die Bewertung
        
        
          erfahrungsgemäß positiver ausfallen, als wenn
        
        
          deren Verhältnis nicht ganz spannungsfrei ist.
        
        
          Der Grund hierfür muss aber nicht zwingend in
        
        
          der Leistungsbereitschaft und Fähigkeit des Ge-
        
        
          sellen liegen, sondern kann möglicherweise in
        
        
          einer Antipathie begründet sein.
        
        
          Des Weiteren werden einer Bewertung vor-
        
        
          rangig die betrieblichen Rahmenbedingungen
        
        
          zu Grunde liegen. Wer sagt aber ob eine Durch-
        
        
          schnittsleistung im eigenen Betrieb der üblichen
        
        
          Leistung im Gewerk entspricht. Vielleicht ist mein
        
        
          bester Mann woanders nur Durchschnitt. Welches
        
        
          Lohnniveau ist denn üblich? Alleine diese Frage
        
        
          ist schon stark abhängig vom Sitz und Einzugs-
        
        
          gebiet des Betriebes. So liegt das Lohnniveau in
        
        
          Großstädten wie bspw. Frankfurt (Main) deutlich
        
        
          höher als in Nordhessen, wo sich die räumliche
        
        
          Nähe zu den neuen Bundesländern auch in einem
        
        
          niedrigeren Lohnniveau niederschlägt.
        
        
          
            Welche Faktoren fließen in die Bewertung
          
        
        
          
            ein?
          
        
        
          Rein quantitative Ergebnisse, wie: „was
        
        
          schafft mein Mitarbeiter an Quadratmetern am
        
        
          Tag?“ oder auch qualitative Merkmale. Hier spielt
        
        
          die Kundenstruktur eine Rolle. So kann es für
        
        
          einen Betrieb, der stark im Privatkundenbereich
        
        
          tätig ist, wichtiger sein, einen Mitarbeiter zu ha-
        
        
          ben, der neben einer entsprechenden technischen
        
        
          Qualifikation über eine hohe Sozialkompetenz
        
        
          verfügt, als einen Mitarbeiter, für den der Kunde
        
        
          nur als Störung wahrgenommen wird.
        
        
          Hierzu wurde bereits vor einigen Jahren in
        
        
          einem anderen Gewerk, dem Malerhandwerk,
        
        
          eine Untersuchung durchgeführt, welche Krite-
        
        
          rien beim Privatkunden bei dessen Bewertung
        
        
          der Qualität zum Tragen kommen. Bemerkens-
        
        
          wertes Ergebnis hierbei, dass die rein technische
        
        
          Ausführung gegenüber „weichen“ Faktoren, wie
        
        
          bspw. das Auftreten und der Umgang der Mitar-
        
        
          beiter auf der Baustelle, eine nachrangige Rolle
        
        
          eingenommen hat. Lediglich 30% dessen, was
        
        
          der Privatkunde als Qualität wahrgenommen und
        
        
          bezeichnet hat, bezog sich auf die technische
        
        
          Leistung der Ausführung.
        
        
          Natürlich darf nicht vergessen werden, dass
        
        
          die Untersuchung in einem anderen Gewerk und
        
        
          in einem speziellen Kundenkreis stattgefunden
        
        
          hat. Auch sollte nicht fehlinterpretiert werden,
        
        
          dass eine einwandfreie technische Ausführung
        
        
          aus Kundensicht keinen so hohen Stellenwert
        
        
          besitzt. Sondern vielmehr, dass ein hoher Qua-
        
        
          litätsstandard generell vorausgesetzt wird. Den-
        
        
          noch zeigt das Ergebnis auf, dass neben quan-
        
        
          titativen Merkmalen auch qualitativen Faktoren
        
        
          eine nicht unerhebliche Bedeutung zugeschrie-
        
        
          ben werden können.
        
        
          Zusammenfassend kann daher die provokan-
        
        
          te Behauptung aufgestellt werden:
        
        
          
            
              „Es gibt keinen gerechten Lohn“.
            
          
        
        
          Zumindest keine Größe, die in einem mathe-
        
        
          matischen Verfahren bei allen Betrachtern zum
        
        
          gleichen Ergebnis führen würde.
        
        
          So wird es immer ein permanentes Abwägen
        
        
          bleiben zwischen den speziellen betrieblichen
        
        
          Rahmenbedingungen und der Motivationslage
        
        
          des Unternehmers und des Mitarbeiters.
        
        
          Um dennoch wenigstens überschlägig fest-
        
        
          stellen zu können, ob beim Durchschnitts-Lohn-
        
        
          niveau insgesamt ein deutliches Missverhältnis
        
        
          besteht, kann auf eine aussagefähige Kennziffer
        
        
          zurück gegriffen werden, die da lautet:
        
        
          
            
              Mit 1,– Euro direkt verrechenbaren Lohn er-
            
          
        
        
          
            
              zielte Wertschöpfung.
            
          
        
        
          Bei dieser Größe wird eine Relation gebildet
        
        
          zwischen dem Stundenlohn der Gesellen und der
        
        
          Leistung, die mit deren produktiven Tätigkeit
        
        
          erreicht wurde.
        
        
          
            Die Größe berechnet sich wie folgt:
          
        
        
          
            Umsatzleistung netto
          
        
        
          
            abzgl. Sondereinzelkosten (Mietwc,
          
        
        
          
            Container auf der Baustelle ...)
          
        
        
          
            abzgl. Nachunternehmereinsatz
          
        
        
          
            abzgl. Materialeinsatz
          
        
        
          
            =
          
        
        
          
            Wertschöpfung
          
        
        
          
            :
          
        
        
          
            direkt verrechenbaren Lohnkosten
          
        
        
          
            (gearbeitete Produktivstunden ×
          
        
        
          
            gezahlten Stundenlohn)
          
        
        
          
            =
          
        
        
          
            Mit 1 Euro direkt verrechenbaren
          
        
        
          
            Lohn erzielte Wertschöpfung
          
        
        
          Um zu einem möglichst objektiven Urteil zu
        
        
          kommen, werden Einflussmomente, die nicht
        
        
          direkt der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter
        
        
          zuzurechnen sind, abgegrenzt. So erhöht bspw.
        
        
          ein teures Material die Umsatzleistung, was aber
        
        
          nicht in der Leistung der Mitarbeiter begründet
        
        
          ist. Häufig zu hörende Kenngrößen, wie die Um-
        
        
          satzleistung je Mitarbeiter, sind deshalb für eine
        
        
          Bewertung der Produktivität nicht geeignet. Die
        
        
          Wertschöpfung korrigiert diese Einflussmomente
        
        
          und lässt einen direkten Vergleich mit anderen
        
        
          Betrieben und der Branche insgesamt zu. Auf die
        
        
          geleisteten Produktivstunden der Baustelle ge-
        
        
          rechnet, entspricht die Wertschöpfung je Stunde
        
        
          dem Kostensatz, den der Betrieb effektiv erreicht
        
        
          hat. Dies ermöglicht auch eine Bewertung, wer
        
        
          denn für das Baustellenergebnis verantwortlich
        
        
          ist. Vielleicht wurde das gute Ergebnis durch
        
        
          den Einsatz eines Nachunternehmers erzielt und
        
        
          nicht durch die eigenen Mitarbeiter. Berücksich-
        
        
          tigt man noch die direkt verrechenbaren Löh-
        
        
          ne, kann eine Aussage zur Angemessenheit des
        
        
          Lohnniveaus getroffen werden.
        
        
          Gemäß dem Grundsatz:
        
        
          
            
              „nicht die Lohnhöhe
            
          
        
        
          
            
              alleine ist entscheidend, sondern die Leistung,
            
          
        
        
          
            
              die mit dem jeweiligen Lohn erzielt wird“.
            
          
        
        
          Liegt das Ergebnis unter dem Wert von 3,
        
        
          kann auf ein Ungleichgewicht geschlossen wer-
        
        
          den und die Ursachenforschung beginnen.
        
        
          Natürlich wird die Produktivität auch von
        
        
          Faktoren beeinflusst, auf die der Mitarbeiter nur
        
        
          bedingt Einfluss nehmen kann. Beispielsweise
        
        
          auf den Marktpreis oder die betriebliche Organi-
        
        
          sation. Aber unabhängig von gesetzlichen und
        
        
          tariflichen Rahmenbedingungen wie Mindest-
        
        
          und Tariflohn, am Ende entscheidet der Markt,
        
        
          was sich der Betrieb erlauben kann.
        
        
          
            Betriebswirtschaft
          
        
        
          
            Kurzprofil Autor:
          
        
        
          Wolfgang Krauß, Diplom
        
        
          Betriebswirt, seit über 22 Jah-
        
        
          ren in der betriebswirtschaft-
        
        
          lichen Beratung von Hand-
        
        
          werksbetrieben tätig. Viele
        
        
          Jahre davon als Betriebsbera-
        
        
          ter im Institut für Betriebsbe-
        
        
          ratung des deutschen Maler-
        
        
          und Lackiererhandwerk, Seligenstadt. Kontakt:
        
        
          Rosenheimer Straße 27, 83543 Rott am Inn
        
        
          E-Mail: 
        
        
        
          Tel: (08039) 9020579, Mobil: (0176) 43065667
        
        
          
            Gibt es den gerechten Lohn?
          
        
        
          Schützen & Erhalten · Dezember 2010 · Seite 20